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Michael Ramsauer

* 1970 in Oldenburg
1991 - 1995 Studium der Kunstgeschichte und klassischen Archäologie in Kiel
1996 - 2000 Malereistudium bei Jürgen Waller an der Hochschule für Künste, Bremen
2004 Förderpreis Malerei der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg
vielfältige Ausstellungstätigkeit 
lebt in Oldenburg und Berlin.
www.ramsauer.org

 

 

KÜHLER NORDWIND VOM GEBIRGE

Die Bilder seiner ersten Schaffensperiode wirkten, als habe sich einer die Hörner blutig gestoßen. Bild an Bild monologisierend, hineinsteigernd in antike Mythologie wird da eine Lebensform in Farbe gebacken, die aus dem Vollen schöpft: Bildlabyrinthe, kalorienreich, für Ausflüge ins Prächtige. Dann, um 2003, entwickelte sich aus szenischem Grummeln und geheimnisvoll raunenden Dunkelstimmungen eine nordische Verdichtungsorgie zwischen seinen Keilrahmen. Lodernde atmosphärische Schleier und massive Farbbrände heizen die Leinwände auf. Strukturelle Entwicklungen enden regelmäßig in glühender Üppigkeit. Michael Ramsauer feierte mit flammenden Ganymed-, Venus-, Andromeda-, Pan- und Galatea-Darstellungen, Landschaftsbildern, Paaren, Sitzenden, Badenden und Liegenden seinen Ruf als „entstilisierter Expressionist“ (Harry Lehmann). Als Essenz und in Zuspitzung dieser Auffassung entstehen Bilder, die im kontrastreichen Hell-Dunkel Figuren und abstrakte Kompositionen in Schwarz auf weißem Grund zeigen. Mit dem Spielbein probierte Ramsauer die Ausreizung der ästhetischen Fettlebe.

In seinen aktuellen Bildern zeigt er eine völlig andere Temperatur – mit überraschenden Nuancen und Einsichten.

Ramsauer arbeitet partiell mit einem leicht lasierten Goldgrund und legt dabei eine neue Lässigkeit und malerische Entspannheit an den Tag. Die drei großen Arbeiten, die unter dem Oberthema „Im Norden“ entstanden, knüpfen an seine früheren Bilder mit mythologischen Szenen an. Er startet aber zugleich eine unerwartete Entmaterialisierung. In „Boreas“ weht ein kühler Nordwind vom Gebirge herunter und entführt eine Nymphe in einer Wolke.

Denkt man vergleichend etwa an Peter Paul Rubens’ „Raub der Europa“ nach Tizian (1630), so wird das Theatralische der Handlung bei Ramsauer wesentlich mehr in der Schwebe gehalten zwischen der kolportagehaften Handlung und dem Moment des Entschwebens im Illusionären. Ramsauer lässt locker und führt den Pinsel eher luftig, was den Betrachter zum Komplizen seiner Strategie macht, die in einer souveränen Balance zwischen Identifikation und Desillusion steht. Der Goldgrund wirkt wie die Vorarbeit für etwas Altmeisterliches. Ramsauer hat keine Berührungsängste, sich edler Beweggründe und Pathosgebärden zu entledigen. Da er auch das darstellende Element zugunsten chiffrenhafter Andeutung zurücknimmt, dadurch symbolische Ansprüche minimierend, vermeidet er es gleichzeitig, in ironischen Posen zu erstarren. Voller Heiterkeit, als ob eine Last von ihm abgefallen wäre, nutzt er den Goldgrund als Lockmittel und Show-Stopper zugleich und überzeugt mit raffinierten Effekten und kluger Lichtregie. Dabei reduziert er das Narrative. Wichtiger ist ihm die Frage nach dem Wie, die das Medium Malerei reflektiert. Er versucht, vom expressionistischen Denken und der auflösenden Malerei wegzukommen. Seine Bilder werden zu Begegnungsflächen für figürliche Neubestimmungen mit gleichermaßen gestischen, abstrakten und atmosphärischen Passagen. Das prozessuale Annähern an Form rangiert vor der dingfesten Ausformung.

Für den Künstler ist ein Bild nunmehr Ausnahmeerscheinung und modellhafte Sichtbarmachung, weniger heroischer, männlicher Tatbeweis.

(Christoph Tannert ,Sammlungskatalog „IM NORDEN“, 2009)

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